Part 1: Season's Greetings
"Wait a minute, wait a minute ..." Ein recht ungewöhnlicher Beginn für eine Elvis Show und aus dieser Minute wird für den Hörer etwas mehr als eine kurzweilige Stunde - angefüllt mit einem gutgelaunten und doch sehr spon-tanen Elvis. Aber der Reihe nach ...
Während das Jahr 1975 für Elvis Presley durch einen Krankenhausaufenthalt im Januar und dem damit verschobenen Vegas Engagement nicht gerade vielversprechend begann, so wollte er es scheinbar in diesem Dezember zu einem guten Ende führen. Nach der im März '75 nachgeholten ersten Vegas Season des Jahres und des kurzen Intermezzos im August war dieser De-zember-Gig bereits sein drittes Erscheinen in der Spielerstadt im Jahre 1975.
Dieses für Elvis erste Dezember Engagement in Las Vegas überhaupt bekam den offiziellen Titel "Pre-Holiday Jubilee", umfasste insgesamt 16 Auftritte und lief vom 2.12. bis 15.12. Elvis brachte zu seinen Shows im Las Vegas Hil-ton wenig neues mit und griff im wesentlichen auf altbewährtes zurück. Ne-ben dem üblichen Opening Act von See See Rider über I Got A Wo-man bis Love Me gehörten natürlich u.a. auch wieder All Shook Up, das Medley Teddy Bear / Don't Be Cruel, Love Me Tender und der obligatorische "Rausschmeisser Can't Help Falling In Love zum Pro-gramm.
Zwar gab es in jenem Dezember für das anwesende Publikum neben den kurz angesungenenden One-Linern Guadalajara, Blue Monday, When My Blue Moon Turns To Gold Again und Welcome To My World keine wirklich großen Überraschungen, trotzdem hatte auch diese Konzertreihe mit den (wieder) neu ins Programm aufgenommenen hatte Elvis America The Beautiful - beinahe so als wolle er Amerikas Bicentennial Year schon vorzeitig einläuten. Little Sister gab es schon seit 1973 nicht mehr live, aber hier packte er es wieder ein paar Mal aus. Das wunderbare Just Pre-tend war schon 1970 wieder aus dem Programm geflogen - zu Unrecht, wie Elvis uns in jenem Dezember selbst bewies. Auch zwei Titel aus seiner noch im Frühjahr erschienenen LP Elvis Today waren mit von der Partie: Fairytale von den Pointer Sisters und Don McLean's wunderschöner Lovesong And I Love You So.
Alle Konzerte dieses Engagement sind als Publikumsmitschnitt über die Jah-re verteilt auf Import Records erschienen oder kursieren in Sammlerkreisen: Die Opening Show vom 2. Dezember unter dem Titel Seasons Greetings From Vegas, die Closing Show als King Of Entertainment oder das ungewöhnliche Neon City Nights - Concert, in welchem Elvis die Band sofort auf See See Rider folgend sein Can't Help Falling In Love spielen lässt und anschliessend die Bühne wieder verlässt. Selbstverständ-lich kehrt the King wenige Augenblicke wieder zurück auf seinen Arbeits-platz, aber diese kleine Geschichte zeigt, dass er sich in einer hervorragen-den Stimmung befunden haben muss.
Als dann im Jahre 1991 die erste Soundboard-Aufnahme aus dieser Gast-spielreihe auf CD erschien, war das so etwas wie eine kleine Sensation. Die CD hieß Just Pretend und es gab darauf die Midnight Show vom 13.12.1975 zu hören.
Seit Mitte November 2003 - also gute zwölf (!) Jahre später - haben wir nun endlich ein weiteres Konzert aus dieser Zeit in ähnlich guter Qualität vorlie-gen. Erschienen ist die Scheibe auf dem Collectors Label FOLLOW THAT DREAM, enthalten ist dieses Mal die Dinner Show vom selben Tage wie dazumal die Midnight Show und diese trägt den sinnfälligen Titel Dinner At Eight.
Mit der 19. Veröffentlichung auf dem Sammler-Label ist den Leuten von FTD ein kleines Schmuckstück gelungen - in Showauswahl, Soundqualität ebenso wie in Design. Nun mag man bemängeln, dass die Show ein leises Grundrauschen durchzieht, dass die ganze Aufnahme in Mono präsentiert wird, ein Song fehlt oder dass die Covergestaltung hier und dort noch ihre Ecken und Kanten hat, aber nüchtern betrachtet, ist diese CD ein weiterer Meilenstein in der nunmehr vierjährigen Veröffentlichungshistorie von FTD und ein Ohrenschmaus für den Elvis-Fan und Sammler.
Part 2: Welcome To The Show
Die Aufnahme beginnt, wie eingangs bereits erwähnt, mit der das Intro zu See See Rider unterbrechenden Bemerkung "Wait a minute, wait a minute ..." seitens Elvis. Er scheint irgendein Problem mit dem Mikro zu haben und beschwert sich auf seine verschmitze, scheinbare Empörung offenbarende Art darüber, dass der ganzen Eröffnung - Jackie Kahaane und die Sweet Inspirations waren im Vorprogramm - sein Mikro offensichtlich nicht richtig eingestellt war und fügt scherzend hinzu "Did Jackie eat it? - Hat Jackie es gegessen?", um kurz darauf erneut in den ersten Song des Abends ein zu steigen. Das Opening Theme Also Sprach Zarathustra fehlt hier ebenso wie damals jenes der Midnight Show auf Just Pretend, was dem Genuss keinen Abbruch tut. Elvis startet in seinen Opener See See Rider mit kräftiger und voller Stimme und sieht den Zuhörer, der sofort zu spüren beginnt, dass eine sehr gute Show folgen wird, in seinen Bann.
Der ersten Nummer läßt Elvis ein kurzes "Thank you" folgen und eröffnet mit dem typischen, langgezogenen "Well's" I Got A Woman / Amen. Es folgt eine über sechseinhalbminütige Version dieses Songs, wobei selbstverständlich Elvis' Konversation mit JD einen Höhepunkt beschreibt. Wieder einmal ist es Elvis, der JD in gespielter Entrüstung zuruft "I can't allow that it happened again!" als dieser den Schluss von Amen angeblich verpatzt und er bemerkt, dass sein gesanglicher Begleiter ein wenig außer Atem geraten ist, worauf JD sich entschuldigend mit tiefer Bassstimme meldet: "I'll do it better". Elvis immitiert die tiefe Stimme JD's und meint "I hope you'll do" und fügt - nun gänzlich JD's "lowest bass in the world" imitierend "wise decision - weise Entscheidung!" hinzu. Das Publikum ist begeistert. Nach einem erneuten Anlauf, in dem JD sein Können noch einmal unter Beweis stellen soll, begrüßt Elvis des Publikum, wobei er wieder einmal herum zu albern beginnt, indem er seinem Guten-Abend-Gruß postwendend die Frage folgen lässt "it is evening, isn't it?" fügt sein "Welcome to the show" hinzu, wünscht seinem Publikum eine gute Zeit und erklärt, dass er mit seiner Band nicht nur eine Menge Songs ("old ones, new ones and in-between") singen wird, sondern auch viel auf der Bühne - von einem Ende zum anderen Ende - unterwegs sein wird. Kurz darauf beginnt er wohl in Anspielung auf sein so oft benutztes "all kidding aside" mit den Worten "all seriousness aside" eine Konversation mit seinen musikalischen Begleitern über (geistes)-gestörte Alligatoren ("deranged alligators"). Als Elvis sich fragend an Charlie Hodge wendet, was so ein verrückter Alligator tun würde, antwortet dieser "Anything he wants to - alles was er möchte!" Das Publikum zeigt sich über dieses herrliche Sitcom-artige Zusammenspiel der beiden Freunde sichtlich begeistert und spätestens in diesen besonderen Momenten darf man sich sicher sein, dass Elvis tatsächlich "in a very good mood" ist. Man spürt förmlich, dass diese etwas längeren Zwischensequenzen keineswegs von Lustlosigkeit zeugen, wie sie oft diversen 1976er Auftritten zugeschrieben wird, sondern von einer zurück gewonnen Vitalität strotzen und hier ein Elvis agiert, der neben seinen unvergleichlichen gesanglichen Qualitäten auch ein perfektes Entertainment zu bieten weiß.
Trotz eines leicht verschleppten Starts in der Gesangsdarbietung des Königs will ganz offensichtlich keine Langeweile aufkommen, trotzdem fällt Elvis - als wolle er dem Ganzen wieder einen seriösen Anstrich verleihen - urplötzlich in Love Me ein. Love Me ist in dieser Darbietung, sicherlich kein Meisterwerk. Es gehörte seit etlichen Jahren zum Standardprogramm und ist einer jener Klassiker, den Elvis aus den Fifties mit hinüber in die Siebziger "gerettet" hat. Love Me war nie wieder das, was Elvis an jenem 1. September im Jahre 1956 in den Radio Recorders Studios in Hollywood, California daraus gemacht hatte. Nicht einmal 1968 während seines TV-Specials gelang es ihm in diesem Falle jenen Level, mit dem er in 1956 neue Standards setzte, wieder zu erreichen. Aber Love Me ist hier auch mehr eine Reminiszenz, eine Verbeugung vor den "alten Tagen" und vor allem ist es Unterhaltung. So hört man Elvis selbst während seines Vortrages kurz dazwischen plappern "Elton John", worauf er dann eine kurze Zeile mit verstellter Stimme intoniert, was den heutigen Zuhörer visuell mehr an die Midnight Show des selben Abends erinnern lässt, als sich Elvis für ein paar Augenblicke mit riesiger Brille und einer Rundumleuchte auf dem Kopf (vielleicht kann jemand das bil mal hier reinkopieren?!) auf die Bühne stellte und tatsächlich eine gute Elton-John-Parodie abgegeben hätte.
Part 3: I Don’t Care What’s Right Or Wrong
Den nächsten Song kündigt Elvis als einen speziellen Wunsch „some people from Memphis“, Mr. and Mrs Thompson (gemeint sind hier die Eltern von Elvis’ Freundin Linda Thompson, die diese Show besuchen), an und stimmt ganz überraschend Help Me Make It Through The Night an. Abgesehen von einem Auftritt im Frühjahr des selben Jahres in Atlanta hatte Elvis diese schon seit Sommer 1973 nicht mehr im Programm. Man hört noch kurz ein wenig Papier rascheln und wahrscheinlich ist es Elvis, der sicherheitshalber noch einen Blick auf den Text wirft und schon geht es los. Wenn es nicht die ersten Takte geschafft haben, die berühmte Gänsehaut zu produzieren, dann passiert das garantiert mit Beginn der zweiten Strophe, wenn Elvis voller Inbrunst ein derart kräftiges „come and lay down by my side“ ins Mikro schmettert, dass man für einen Moment glauben mag, es sei eine andere Aufnahme. Aber wir befinden uns weiterhin in Vegas und erleben einen Elvis, der eine hinreißende Version dieser Kris-Kristofferson-Komposition präsentiert, und als wolle er sagen „hier bin ich und ich kann es immer noch“, wirft er sich während die Schlussakorde erklingen ein „don’t turn the lights off“ in Richtung Technik.
Was folgt, ist ein Song „that I recorded a long time ago“: Tryin’ To Get To You, ein weiterer Klassiker aus den Anfangstagen. Elvis nahm diesen Sun-Klassiker bereits im September 1970 schon mal ins Live-Programm, um ihn dann ab 1974 regelmässig im Repertoire zu haben. Im Verlaufe der 1975er Vegas-Aufritte und Tour-Konzerte tauchte Tryin’ To Get To You nicht mehr auf, aber hier war er wieder mit dabei – irgendwie ein weiteres Symbol dafür, dass Elvis zu alter Stärke zurück gefunden hatte, das der König wieder auf dem Thron Platz genommen hatte. Elvis singt Tryin’ so rockig und sexy wie man es zum Beispiel von den 74er-Konzerten in Memphis und Richmond kennt und seine Stimme wirkt beinahe noch kraftvoller und als wolle Elvis seinem Vegas-Publikum ein Wechselbad der Gefühle bereiten folgt nach dieser rockigen Nummer wiederum eine Ballade. Diesmal ist es And I Love You So, dass Elvis erst im März 1975 innerhalb seiner Session für sein neues Album Elvis Today aufgenomen hatte. And I Love You So ist ein Stück aus der Feder des kanadischen Songwriters und Sängers Don McLean, dessen (That’s What You Get) For Lovin Me Elvis bereits im März 1971 aufnahm und des Kompositionen American Pie und Vincent (Starry Starry Night) weltberühmt wurden. Aber auch dieses And I Love You So ist nicht nur ein wunderschönes Liebeslied, sondern wurde auch von vielen Grossen der Musik gecovert, darunter Engelbert, Perry Como und Johnny Mathis. Elvis macht es wie so oft zu einem seiner eigenen Stücke, mit unnachahmlicher Hingabe legte er seine Seele in den Song und das nicht nur hier, sondern beinahe bis zum Schluss. Das Lied sollte ihn bis auf seine letzte Tour im Sommer 1977 begleiten, wo er es am 24. Juni in Madison, Wisconsin zum letzten Mal sang.
Wieder schließt sich eine rockige Nummer an, mit eine durchschnittlichen, beinahe lieblosen All Shook Up eröffnet er den altbekannten „Oldie-Block“, der in dem Medley Teddy Bear / Don’t Be Cruel seine Fortsetzung findet. Zuvor hört man den King ganz offensichtlich zu einem weiblichen Fan noch sagen „sorry that’s as far as I can bend“ während er sich zu ihr herunter beugt, um sie zu küssen. Direkt nach diesem Medley hört man Elvis jemanden im Publikum nach einer LP fragen, die derjenige offensichtlich gerade hoch hält. Der Dialog zwischen diesem Gast und Elvis ist durch die Art der Aufnahme (schliesslich ist das Mikro bei Elvis) nur unvollständig wieder gegeben und man hört auf Dinner At Eight lediglich Elvis’ Teil des nun folgenden Dialogs. Interessanter Weise existiert ein sehr guter Publikumsmitschnitt, bei dem das Aufnahme gerät in beinahe unmittelbarer Nähe dieses Fans gestanden haben muss, der Elvis kurz erklärt, dass es sich dabei um die aktuelle RCA-Albumveröffentlichung in England handelt, worauf Elvis entgegnet, das es seine Ursprünge sind und liest selbst vor: “The Sun Collection“ . Dieser Fan, der für diesen Moment wohl der glücklichste Mensch des Abends gewesen sein muss, da the King sich mit ihm unterhält und er fügt noch schnell hinzu „it bring out differnt colours, fabulous cover“, worauf Elvis entgegnet „Yes it is!“ und einen Moment später hinzu fügt „Thank you very much, it’s very nice of you!“ Der nächste Teil des Dialoges mit dem Publikum („little bitty picture of a very big airplane“) richtet sich bereits an einen weiteren Gast aus dem Publikum, der scheinbar Elvis scheinbar ein anderes Bild hinhält. Es werden wohl ein paar Geschenke überreicht und Elvis scheint irgendwelche Faxen zu machen, den man hört mehrmals herzhaftes Lachen im Publikum, was der Soundboardmitschnitt auf Dinner At Eight nicht so herüber zu bringen vermag. Was folgt, ist eine weitere Konversation mit einem Gast, der Elvis etwas, das die Aufschrift „Merry Christmas from Jenn and Neal“ trägt, überreicht und Elvis gibt dann vor, deren komplette Adresse inklusive Telefonnummer laut vor zu lesen, was wiederum für eine lautstarke Erheiterung im Publikum sorgt.
Part 4: Always You From Guitar
Doch Elvis wäre nicht Elvis, wenn er nicht singen würde. Plötzlich wendet er sich wieder seiner Band zu und fragt „Do you know a key we’d do ..“ und irgendwer (Charlie?) sagt „wooden heart“ und garantiert zur allgemeinen Überraschung stimmt Elvis mit Hilfe Glen Hardins Pianobegleitung das altbekannte deutsche Volkslied an, dass in der Elvis –Version bereits15 Jahre zuvor auf dem Soundtrack von G.I. Blues zu hören war. Zwar ist Elvis sich des Textes während der ersten Zeilen nicht ganz sicher, trotzdem gibt es hier eine fast anderthalbminütige Version von Wooden Heart. Während er im ersten Teil des Liedes den deutschsprachigen Teil noch durch ein „Lalala“ ersetzt, macht er das Unmögliche dann doch möglich und singt tatsächlich „Muss i denn muss i denn zum Städtle hinaus und Du mein Schatz bleibst hier“ – sagenhaft. Zwar gib es auch einen Publikumsmitschnitt aus dem September 1971 – ebenfalls aus Las Vegas – wo Elvis Wooden Heart anstimmt, aber hier haben wir es in Soundboardqualität (!!). Auch hier lässt es sich wieder einmal nicht nehmen, eine kleine Textänderung einfließen zu lassen. Die Zeile „no strings upon this heart of mine“ ergänzt er durch „it was always you from guitar“ bevor er sich lachend auf „from the start“ korrigiert.
„I did it for that for the little kids in the audience“ erklärt Elvis nach dem Vortrag und nutzt die Gelegenheit seine damals siebenjährige Tochter Lisa dem Publikum vor zu stellen und setzt die Show mit You Gave Me A Mountain fort. Mountain ist ein Song von Country-Star Marty Robbins und Elvis hat es seit einigen Jahren im Liveprogramm. Elvis Interpretaion strotzt vor Kraft und Leidenschaft. Es schließt sich eine Version von Polk Salad Annie an, wie man sie aggressiver selten gehört hat. Wie so oft in den „späten Jahren“ seiner Live-Darbietungen von Polk Salad verzichtet Elvis auf den Rezitativ-Part, den gesprochenen Anfang, des Songs – trotzdem folgt eine Viereinhalb-Minuten-Version des Songs. Der Song Polk Salad Annie ist eine Komposition von Tony Joe White aus dem Jahre 1969, der wie geschaffen für Elvis Live-Performances der 70er war. Tony Joe White (Elvis sang ebenfalls seine Songs For Ol’ Times Sake und I’ve Got A Think About You Baby) hat später einmal in einem Interview gesagt, dass er ohne Elvis und seine Version von Polk Salad Annie wohl heute noch in zweitklassigen Klubs spielen würde. Erst Elvis Coverversion seines Songs verschaffte ihm internationale Aufmerksamkeit und nachfolgend Anerkennung.
Es schließt sich die übliche Band Introduction an. Wie immer sind J.D. Sumner & the Stamps Quartet, die Sweet Inspirations, Sherill Nielsen, Kathy Westmoreland sind dabei. Der Vorstellung von John Wilkinson folgt das Solo vom Gitarrenvirtuosen James Burton, der ein kurzes aber extrem kraftvolles Johnny B. Goode hinlägt, was Ronnie Tutt anscheinend als Aufforderung versteht sich in ein ebenso aggressives Drum Solo zu werfen. Jerry Scheff spielt ein bluesschwangeres Bass-Solo und Glen Hardin ein flottes Honky-Tonk-Piano. In der Vorstellung seines „friends for a long time“ Charlie Hodge lässt Elvis wieder einen absichtlichen Versprecher einfließen und präsentiert ihn als „his name is Decatur Alabama“ und verbessert sich postwendend. Joe Guercio & Orchstra stellen sich mit Hail, Hail Rock’n’Roll vor, inklusive einer Reprise unter Mitwirkung von Tony Brown an der Electric Guitar, den Elvis zuvor noch nach seinem Alter fragt und dessen Antwort „Fünfundzwanzig“ der 40-jährige Elvis mit einem alles andere als ernst gemeinten „I hate you!“ erwidert.
(Anmerkung: Interessanterweise fehlt sowohl diese Wiederholung des „very last part“, die es auch in der Midnight Show gab, als auch die Vorstellung von Lisa Marie und Elvis’ Vater Vernon, die sich anschlossen, auf der bereits erwähnten CD Just Pretend. Erst auf dem Yellow-Dog-Release Unsurpassed Masters Vol. 4 gab es eine komplettere Version der Midnight Performance.)
Part 5: Christmas In The Desert
Elvis setzt die Show mit dem Gospelsong How Great Thou Art fort, für welcher es seiner Aussage nach eine Menge Wünsche vorliegen. Der Titelsong seines zweiten Gospelalbums, den er hier mit tatkräftiger Unterstützung seiner Backgroundsänger in Szene setzt. Elvis’ Dinner Show Interpretation der religiösen Hymne zählt sicher nicht zu den allerbesten, die er je gab, aber e ist gut bei Stimme, eröffnet damit den etwas besinnlicheren Teil des Abends und bedankt sich im Anschluss artig beim Publikum mit den Worten „I’m glad you like it!“ Was folgt ist die „true story“ von einem Mann, der im Hospital befindet und im Sterben liegt – Softly As I Leave You. Wie so oft ist es der Moment des Sherill Nielsen, der hier den Gesangspart übernimmt, während Elvis die traurige Story erzählt. America The Beautiful schließt sich an, das Elvis bei diesem Vegas-Engagement zum ersten Mal mit im Programm hat und es anschließenden Bicentennial Year der Vereinigten Staaten von Amerika 1976 regelmäßig „auspackt“. Es ersetzt quasi American Trilogy, eine andere Amerika-Hymne, die seit 1972 für den patriotischen Moment in Elvis’ Konzerten sorgte. Elvis macht anfänglich noch einen leicht unsicheren Eindruck während der ersten Takte von America, doch spätestens wenn er zum Sprechteil gelangt und „America, America, God shed his grace on thee and crown thy good with botherhood from sea to shining sea“ rezitiert und in der Wiederholung der Chor und Orchester mit voller Gewalt einsetzen, erstarrt mindestens jeder gute Amerikaner in Ergriffenheit.
Mystery Train, das sehr heftig und schnell einsetzt, kurz nachdem die letzten Takte von America verklungen sind, holt den Zuhörer nicht nur zurück in die Realität, sondern katapultiert in im selben Satz zurück in die fünfziger Jahre, zurück in die Anfänge des Rock’n’Roll ... und Tiger Man reiht sich wie gewohnt nahtlos daran an. Elvis und die Band haben sichtlichen Spaß und James Burton spielt eine wunderbar vorantreibende Gitarre.
Im Anschluss an das Medley fehlt Kathy Westmoreland’s Solovortrag My Heavently Father, der aus – wie FTD die Fans wissen ließ – vertragsrechtlichen Gründen entfallen musste. Stattdessen hört man Elvis wie er bereits am Ende der Show angekommen den Fans erklärt, dass er noch eine weiter Show den Abend hat und wünscht ein „Merry Christmas and a Happy New Year“, wobei er sich beinahe verhaspelt und sich noch einmal darüber lustig macht. Während man in diesem Moment noch einen recht hektisch wirkenden Elvis vor sich hat, der den Eindruck vermittelt, die Show nun beenden wollen und bereits mitten in seinem gewöhnlich letzten Satz „until we see ...“ angelangt ist, vollzieht er selbst eine abrupte Kehrtwendung in der Dramaturgie. Irgendwer scheint sich noch Blue Christmas gewünscht haben und beinahe wie eine Entschuldigung klingt es, wenn er seinen Publikum erzählt, dass „die vom Casino“ ihn nur für 50 Minuten auf der Bühne haben wollen. Dann folgt doch noch sein Weihnachtklassiker und der hat’s noch einmal in sich. Er swingt in dieser vorweihnachtlichen 1975er Version mehr als dass er rocken würde wie einst, aber es ist eine sehr schöne und passende Version. Nun folgt es leider doch, das „affectionate farewell“ von Elvis an das Publikum, das er mit Can’t Help Falling In Love und den letzten Küssen für die weiblichen Fans unterstreicht. Das übliche Closing Vamp beendet den Auftritt.
Part 6: Encore Performance
Die CD Dinner At Eight gehört zweifellos zu den besten, die es bisher von FTD gab. Die Soundqualität ist als sehr gut zu bezeichnen, selbst wenn man in den Passagen ohne Musik ein relativ deutliches Grundrauschen (zumindest wenn man die Show unter Kopfhörern genießt) zu vernehmen ist und die Bässe ein wenig sehr überzeichnet wurden, was sich hin und wieder in einer leichten Übersteuerung. Nichts desto trotz zählt diese nunmehr 19. Veröffentlichung aus dem Hause FTD zu dem besten, was Jorgensen und seine Crew uns bisher geboten haben. Zum ersten Mal überhaupt gibt es eine Vegas-Show aus dem Dezember 1975 von offizieller Seite überhaupt. Elvis singt ein paar seiner alten Hits und bringt ein paar neue Songs mit nach Las Vegas, albert mit der Band und dem Publikum herum und hat zu jeder Zeit alles unter Kontrolle. Es ist ein sehr schöner Auftritt mit einem gutgelaunten Elvis, der sich auch stimmlich in Bestform zeigt, den der Fan hier präsentiert bekommt, und nicht zuletzt das superrare live-gesungene Wooden Heart macht die Show zu einer Kostbarkeit.
Behält man das Gesamtkonzept von FTD im Kopf, das es sich auf die Fahnen geschrieben hat, dem Fan zwar etwas zu bieten, aber in Sachen Verpackung und Layout nicht unbedingt neue Standards setzen zu wollen, so darf man getrost auch die Covergestaltung als rundum gelungen bezeichnen. Diese gehört ohne Frage zu den besten der bisherigen Live-CD-Veröffentlichungen von FTD. Bereits mit Spring Tours 77 legte man in Sachen Cover-Art mächtig zu gegenüber den bisherigen Live-CDs wie Tucson 76 oder Dixieland Rocks, aber im Falle Dinner At Eight lag gegenüber der Spring Tours 77 die Schwierigkeit darin, ein Bild aus der besagten Show zu finden – was dem FTD-Team schlussendlich mit deutscher Unterstützung und Hilfe gelang. Ein kleiner Patzer im Coverdesign soll nicht unerwähnt bleiben: Polk Salad Annie ist an einer Stelle falsch buchstabiert, glücklicherweise nur auf der Coverinnenseite. Auf der Innenseite findet man zwei weitere Photos aus der Dinner Show vom 13. Dezember 1975 und als besonders geschmackvoll ist auch die Rückansicht der CD mit dem Tracklisting zu bezeichnen.
FTD hat mit Dinner At Eight eine runde Sache auf den Tisch gelegt und bietet dem Fan eine interessante und mehr als nur hörenswerte Ergänzung für die Sammlung. That’s why this label is a champ!
Titel: Dinner At Eight
Performance: Las Vegas, Nevada - December 13th, 1975 Dinner Show
Laufzeit: 65:18 Min.
Veröffentlichung: 11/2002
Tracklist:
01. C.C. Rider - 3:09
02. I Got A Woman/Amen - 9:47
03. Love Me – 2:21
04. Help Me Make It Through The Night – 3:05
05. Trying To Get To You – 2:33
06. And I Love You So – 3:34
07. All Shook Up – 1:13
08. Teddy Bear/Don’t Be Cruel – 4:32
09. Wooden Heart – 2:03
10. You Gave Me A Mountain – 3:13
11. Polk Salad Annie – 4:41
12. Band Introductions – 8:40
13. How Great Thou Art - 3:11
14. Softly, As I Leave You – 2:53
15. America – 2:24
16. MysteryTrain/Tiger Man –2:43
17. Blue Christmas – 3:03
18. Can’t Help Falling In Love / Closing Vamp
Backup vocalists:
The Sweet Inspirations: Myrna Smith, Sylvia Shemwell, Estelle Brown
JD Sumner & The Stamps Quartet: Bill Baize, Ed Enoch, Ed Hill, Larry Strickland
Voice: Donnie Sumner, Tim Baty, Sherill Nielsen
Musicians:
Lead Guitar: James Burton
Rhythm Guitar: John Wilkinson
Bass: Jerry Scheff
Piano: Glen D. Hardin
Drums: Ronnie Tutt
Guitar & Vocals: Charlie Hodge
Symphony Orchestra: Guercio & Joe Guercio Orchestra
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